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FRANKREICH ROADTRIP TEIL 2

Durch die Bretagne und nach Paris

Von Yan' Dargent bis Louis XIV

Tag 8 - Geschichtskurs a la Yan' Dargent

Am Morgen nahmen wir uns viel Zeit. Bereits gegen 10h war es über 25 Grad und wir nutzten die Gelegenheit für eine Dusche aus dem Wassersack und um unsere Zelte und Schlafsäcke einmal richtig zu trocknen. Erst zur Mittagszeit fuhren wir wieder los, weiter Richtung Westen.

Es war schon später Nachmittag als wir im Örtchen Saint-Servais anhielten. Auf unserem Weg durch die Bretagne hatten wir bereits unzählige schöne alte Kirchen gesehen; fast in jedem Ort seht eine. Irgendwann nahmen wir uns vor, bei der nächsten Kirche anzuhalten. 

Es stellte sich heraus, dass wir unsere Wahl nicht besser hätten treffen können. Durch Zufall waren wir im Geburtsort von Yan' Dargent gelandet, einem in der Bretagne verehrten Maler aus dem 19. Jahrhundert. Eine junge Frau gab uns eine sehr informative und leidenschaftliche Führung durch die Sammlung der Werke des Künstlers und durch die Kirche und ihre Nebengebäude. Unsere fast nicht vorhandenen Französischkenntnisse waren dabei kein Problem. Wir kamen in den Genuss eines perfekten British English und hätten die Führung sogar auf Deutsch haben können. 

Kulturell gesehen stellt dieses Kleinod den absoluten Geheimtipp unserer Reise dar. Manchmal lohnt es sich, einfach anzuhalten und auf Entdeckungstour zu gehen.

 

Da wir Saint-Servais erst im frühen Abend verließen, standen wir bei unserer Stellplatzsuche etwas unter Zeitdruck. Die Suche gestaltete sich schwieriger als erwartet, da die Küste hier sehr dicht besiedelt ist. In der malerischen Landschaft finden sich unzählige Ferienhäuser und wir wollten niemandem seinen freien Blick aufs Wasser verstellen. Hinter Plouescat fanden wir einen schönen Stellplatz an einem Wendehammer direkt am Meer. Die Landschaft hatte sich seit Plouezec wieder verändert und wir fanden uns zwischen lauter Hinkelsteinen wieder. Auf einem Felsen im Wasser entdeckten wir Vögel, die wir für Pinguine hielten. Aber mal ernsthaft, Pinguine auf der Nordhalbkugel?! Mittlerweile denken wir, dass es Kormorane gewesen sein müssen. 

 

Tag 9 - Surferstrand bei La Palue

An Tag 9 führte uns unser Weg weiter Richtung Süden. Da wir am Vorabend Probleme bei der Stellplatzsuche gehabt hatten und unser Lager bei Anbruch der Dunkelheit aufbauen musste, entschieden wir uns, heute wieder mehr Zeit für die Stellplatzsuche zu verwenden. Vorher machten wir aber noch einen kurzen Spaziergang zu einem großen Hinkelstein in der Nähe.

Wir fuhren die Küste entlang und landeten am tollen Surfstand bei La Palue. Hier tummelten sich Camper und Surfer und wir hatten einen weiten Blick über die Küste und den Strand. Da es noch zu früh war, um ein Lager aufzuschlagen, sich aber bereits Camper an Camper reihte und weit und breit kein Surfverleih zu sehen war, blieben wir nur für eine kurze Kaffeepause. Kurz darauf landeten wir am Cap de la Chevre. Vom Parkplatz aus machten wir einen Spaziergang zum Kap und hatten einen tollen Blick über den Ozean. 

 

Zum Übernachten war es uns neben der Militärbasis dort aber zu ungemütlich und da es erst früher Nachmittag war, fuhren wir noch ein Stück weiter, bis wir uns in der Nähe von Ploeven auf einer Wiese wiederfanden, die sich hervorragend eignete. Eine schmale Straße führte in eine Senke, die Von hohen Büschen umgeben war. Es gab eine Betonrampe zum Strand und viel Platz. Im Laufe des Abends stellten sich noch zwei weitere Camper dazu. Wir verbrachten eine Weile am Strand, sammelten Müll, den wir in einen bereitstehenden Behälter warfen und machten später ein großes Lagerfeuer. 

 

Von Ottos Dachträger lässt sich die Landschaft viel besser beobachten. Im Hintergrund ist der "Pinguinfelsen" zu sehen.

 


Tag 10 - Campen auf der Militärbasis?

Nun wollten wir so langsam in Gegenden kommen, wo es genug Wellen zum Surfen gibt. Wir fuhren nach Süd-Osten, immer an der Küste entlang. 

Dank eines Tipps auf Instagram hatten wir zwei Stellplätze in Aussicht, die sehr vielversprechend klangen.

Einer davon war die kleine Halbinsel Gavres unterhalb von Lorient. Uns winkten ein kilometerlanger Sandstrand und ein Gelände, welches dem Militär gehört, im Sommer aber von Campern genutzt werden kann.

Es herrschten herrliche Temperaturen von gut 25 Grad und dementsprechend voll war es auf der Halbinsel. Es gestaltete sich schwer, einen Parkplatz zu finden, um auszusteigen und die Füße in den Sand zu halten. Zudem war das Militärgelände ab dem 1. September wieder in Betrieb und für Camper geschlossen. 

So fuhren wir weiter zur Halbinsel Quiberon, unserem zweiten Tipp.

Schon die Straße auf die Halbinsel ist ein Highlight. Man fährt über einen teilweise nur 50 Meter breiten Streifen Land und hat zur Linken die Bucht von Quiberon, zur Rechten den Atlantik. Die Insel ist von Kiefern bewachsen und als Camper findet man unzählige Möglichkeiten, zu stehen. Wenn das Fahrzeug nicht über zwei Meter hoch ist. Otto mit Dachzelt und seinen 2,5 Metern passte durch die Höhenbgrenzungen beim besten Willen nicht durch. An der Straße wollten wir mit dem Dachzelt auch nicht stehen und so entschieden wir uns, noch ein bisschen weiter zu fahren. Obwohl die Halbinsel nicht groß ist und es Sonntagnachmittag war, fanden wir einen kleinen Supermarkt, der tatsächlich geöffnet hatte. Wir decketen uns mit Lebensmittel ein und weiter ging die Stellplatzsuche.

 

Als es schon dunkel war überquerten wir die Loire und fanden bei La Plane-sur-Mer einen baumbestandenen Stellplatz mit Blick auf die Docks in Saint-Nazaire.

 

Tag 11/12 - Im Paradies

Am nächsten Tag besprachen wir uns und waren uns einig: wir wollten uns einen ruhigen Stellplatz in Strandnähe suchen und dort zwei Tage bleiben. In unserer App hatte Lukas von einem Stellplatz im Pinienwald gelesen. Dieser war unweit eines Strandes gelegt, an dem man gut surfen konnte. Also nichts wie hin. 

Nachdem wir in La Roche-sur-Yon unsere Wasservorräte aufgefüllt hatten, fanden wir in besagtem Pinienwald einen genialen Platz.

Etwas abseits der ohnehin ruhigen Straße, versteckt hinter Bäumen, war Otto nicht mehr zu sehen. Wir konnten unser Glück kaum fassen.

Am ersten Abend jagte Lukas Jannik und mir einen Schrecken ein. Eigentlich wollte er nur das Dixi am Ende der Straße auschecken, als er uns völlig aufgebracht anrief und uns zu verstehen gab, wir mögen bitte sofort das Camp abbauen. Eine Gruppe Polizisten kontrolliere die Gegend und spreche Camper an! In den folgenden Minuten stellten Jannik und ich den Rekord für den schnellsten Abbau eines Dachzeltes auf. Wassersack, Hängematten und Campingstühle wurden weggeräumt. Wir übten uns in nichtswissenden Blicken. Das Ende der Geschichte war, dass nichts passierte. Die "Polizisten" stellten sich als Warnwestenträger auf dem Weg zu ihren Fahrrädern heraus.

Nachdem der Schreck verdaut war, waren wir vollends im Sommerurlaub angekommen.

Den Rest dieses Tages und den ganzen nächsten Tag ließen wir die Seele baumeln. Wir lümmelten lesend in unseren Hängematten, lagen am Strand, starteten mehr oder weniger erfolgreiche Surf-Versuche, machten Yoga, wuschen unsere Wäsche, nahmen uns viel Zeit zum Kochen und machten nächtliche Wanderungen zum Strand.

Ein Einheimischer gab uns zu verstehen, wir hätten den besten Stellplatz der Gegend ergattert. Recht hatte er!

 

Was für ein fauler Haufen! Hier sieht man Maura bei ihrem wohlverdienten Mittagsschläfchen, nach dem sie den Vormittag über mit Nichtstun beschäftigt war.


Tag 13 - Letzte Nacht am Meer

Nach zwei Tagen purer Entspannung und noch einem weiteren vertrödelten Vormittag packten wir gegen Mittag wieder unsere Sachen und verließen unser Camp. So langsam galt es, die Heimreise anzutreten. Da wir über 1000km vor uns hatten, wollten wir uns dafür mehrere Tage Zeit nehmen. 

 

Wir fuhren etwas ziellos an der Küste herum, auf der Suche nach einem letzten Stellplatz am Meer, bevor es am nächsten Tag Richtung Inland gehen würde. Nachdem wir einige Parkplätze an der Küste abgefahren hatten, entschieden wir uns für einen, der nicht komplett asphaltiert war. Wie wir auf der Reise festgestellt hatten, fühlen wir uns vor allem auf nicht asphaltierten Stellplätzen wohl. Den Abend ließen wir am Grill ausklingen und schliefen dann ein letztes Mal mit Meeresrauschen in den Ohren ein.

 

Tag 14 - Paris, Paris

Am nächsten Morgen machten wir uns relativ früh auf dem Weg. Wir hatten eine lange Fahrt vor uns. Für den nächsten Tag hatten wir noch ein Highlight auf diesem Trip geplant: Wir wollten das Schloss von Versailles anschauen.

Unser Plan war, bis kurz vor Paris zu fahren und dort irgendwo auf einem Parkplatz zu übernachten.

Bis kurz vor Paris kamen wir tatsächlich. Allerdings gestaltete sich die Suche nach einem Parkplatz, wo wir ungestört unser Dachzelt ausklappen konnten, als schwierig. Am frühen Abend erreichten wir den zuvor auf Maps gefundenen Parkplatz, der sich als Besucherparkplatz einer Klosterruine herausstellte. Schon kurz nach dem Aussteigen fuhr ein Van in einem Affenzahn an uns vorbei. Der Fahrer beobachtete uns skeptisch. Der Vorgang wiederholte sich noch zwei Mal während der nächsten halben Stunde. Zudem kamen zwei Kombis auf den Parkplatz gefahren, sahen uns, drehten und zogen wieder ab. Das Ganze kam uns merkwürdig vor. Etwas ratlos erörterten wir unsere Möglichkeiten.

 

So kamen wir zu einem verrückten Plan. Warum nicht einfach Paris bei Nacht erkunden? Die Straßen wären leer, die Touristenmassen wären weniger und das nächtliche Paris stellten wir uns geheimnisvoll und spannend vor. Ein neuer Plan war bereit, in die Tat umgesetzt zu werden, und uns wurde wieder einmal klar, warum wir das Reisen im eigenen Campmobil so lieben. Nie ist man spontaner.

Während Jannik und ich noch schnell Abendessen kochten, legte Lukas sich für ein kurzes Nickerchen aufs Ohr. Dann konnte es losgehen.

Mit den Eindrücken, die nun auf uns einwirkten, könnte ich Seiten füllen. Keine Worte werden dieser beeindruckenden Stadt gerecht. Völlig überraschend tauchte zuerst das Versailler Schloss vor uns auf. Wir schauten durch die Fenster der Pariser Vorstadt-Altbauten. Sacre Coer, Eifelturm und Notre Dame konnten wir aus nächster Nähe bestaunen. Wir fanden sogar Platz zum Parken und hatten Zeit und Ruhe, um an den Sehenswürdigkeiten auszusteigen. Natürlich war alles zu, aber die Gebäude sind von außen schon so beeindruckend, dass uns das nichts ausmachte. Vom Montmartre hatten wir einen herrlichen Ausblick über die nächtliche Stadt mit ihren Lichtern.

Ich fasse es mal so zusammen: Wer die Möglichkeit hat, bei Nacht durch Paris zu fahren, sollte es unbedingt tun! Absolute Empfehlung.

 

Hundemüde und von tausend tollen Eindrücken überrollt, verließen wir gegen 2h die Stadt und suchten, in Ermangelung von Alternativen, den altbekannten Parkplatz an der Ruine auf. Dort schreckte uns einer der Kombis ab, den wir schon vor mehreren Stunden hatten vorbei fahren sehen.

Als einzige Alternative bot sich uns ein Waldparkplatz vor einem Hotel, wenige 100 Meter weiter. Kurz abgecheckt, für gut befunden, Klappe zu, Affe tot.

 

Noch einen sehnsuchtsvollen letzten Blick aufs Meer werfen, bevor das Dachzelt zusammengebaut wird!

 


Tag 15 - Auf den Spuren Louis XIV

Am nächsten Morgen standen wir nach vier Stunden Schlaf früh auf. So nah an dem Hotel wollten wir dann doch nicht mit unserem Dachzelt gesehen werden. Wir fuhren nach Versailles und suchten uns einen Parkplatz in der Nähe des Schlosses. Etwas gerädert von der kurzen Nacht warteten wir bei einem kleinen Frühstück darauf, dass die Pforten geöffnet wurden.

 

Dem geneigten Besucher von Versailles raten wir, Tickets unbedingt im Voraus online zu buchen und dabei eine konkrete Zeit festzulegen, in welcher man das Schloss besichtigen möchte. Dank dieses speziellen Tickets mussten wir nur 20 Minuten warten. Im Gegensatz zu den vielen anderen Besuchern, die flexible Tickets gebucht hatten und stundenlang in einer Schlange anstehen mussten. 

 

Ein Besuch im Schloss lohnt sich, vor allem wenn man einen der kostenlosen Audioguides in Anspruch nimmt. Natürlich ist es voll, aber das haben wir gerne in Kauf genommen. 

Besonders schön ist die riesige Parkanlage, die sich hinter dem Schloss erstreckt. Das große Wasserbecken, welches man meistens mit Versailles verbindet, macht nur einen kleinen Teil der Anlage aus. Man kann hier gut und gerne zwei Tage verbringen. Nachdem wir etwa eine Stunde lang das Schloss besichtigt hatten, verbrachten wir noch zwei weitere im oberen Teil des Parks, schlenderten durch die Heckenlabyrinthe und lagen am Wasserbecken in der Sonne. 

 

Viel zu früh mussten wir uns wieder auf den Weg machen, denn durch unsere vorgezogene Paristour hatte sich unsere Zeitplanung verschoben. Am gleichen Tag wollten wir bereits bis zur belgischen Grenze gelangen, wo wir einen schönen Stellplatz am See ausgemacht hatten.

 

Nach einer langen Fahrt, teilweise überland, erreichten wir den idyllischen Anglerparkplatz und verbrachten einen letzten Abend im Freien.

 

Tag 16 - Heimwärts!

Am nächsten Tag fuhren wir die restlichen Kilometer in die Heimat. Auch wenn wir ursprünglich einen weiteren Tag eingeplant hatten, freuten wir uns wieder auf zu Hause. Während der Fahrt waren alle still und ließen die Eindrücke der letzten Tage und Wochen Revue passieren. Es waren intensive zwei Wochen Roadtrip, auf denen von allem etwas dabei war: Kultur, Natur, Meer, Wald, Dörfer, Städte, Regen, Sonne, Frieren, Schwitzen, Diskutieren, Lachen, Frust und vor allem viel Liebe für das sogenannte Vanlife.

 

Wir haben uns besser kennengelernt, haben uns mit Otto besser eingespielt und viele Ideen für den bevorstehenden Ausbau gesammelt. Und wir haben Blut geleckt und wollen möglichst bald in dieses tolle Land zurückkehren und mehr sehen!

 

 

Otto posiert vor dem Eifelturm.

Was man auf dem Bild nicht sieht: Der tapfere Fotograf (Jannik) riskierte für dieses Foto sein Leben, als er sich todesmutig in den wahnsinnigen Pariser Verkehr stellte. Der hört nämlich auch nachts nicht auf zu rollen.


Auf der Karte rechts findet ihr alle Stellplätze, die in diesem Artikel Erwähnung finden. Viel Spaß beim Nachfahren!


Kommentare: 1
  • #1

    Sebastian (Donnerstag, 25 April 2019 18:33)

    Vielen Dank für den tollen Reisebericht.
    Eure Beschreibungen machen richtig Lust, direkt aufzubrechen und eurem Weg zu folgen :-)